
Wer wir sind
Die Islamische Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) ist eine Religionsgemeinschaft. Sie hat das Ziel der Vermittlung und Pflege des islamischen Glaubens, seiner Verwirklichung in allen sozialen Bezügen und der Erfüllung der koranischen Gebote. Darüber hinaus vertritt die IGMG ihre Mitglieder in gesellschaftlichen, sozialen und politischen Angelegenheiten und setzt sich für die Sicherung ihrer Grundrechte ein.
Die Hauptquellen des Islamverständnisses der IGMG sind der Koran und die Sunna. Der Islam ist eine Religion, die viel mehr ist als die Abhaltung von Gottesdiensten in der Moschee. Sie erinnert die Gläubigen an ihre Verantwortung für ethische Werte in allen gesellschaftlichen und individuellen Lebensbereichen. Den Islam zu leben bedeutet für die IGMG, unabhängig von geographischen Grenzen und traditionellen Kulturräumen, das Leben in allen Belangen an den Maßstäben des Korans und der Sunna des Propheten auszurichten. Unterschiedliche Formen der religiösen Praxis, denen die Quellen islamischer Rechtsfindung, d. h. Koran, Sunna, Konsens (Idschmâ) und Analogieschluss (Kiyâs) zugrundeliegen, sind für die IGMG eine Bereicherung des religiösen und gesellschaftlichen Lebens.
Die Mitglieder der IGMG pflegen ihre Beziehungen zu ihren Herkunftsländern, sie betrachten sich aber auch als fester und dauerhafter Teil der hiesigen Gesellschaft. Insofern ist es ureigenes Interesse der IGMG, sich für gesellschaftliche Harmonie und Wohlfahrt einzusetzen. Als Teil der weltweiten islamischen Gemeinschaft (Umma) ist es zudem Aufgabe der IGMG, die Probleme der Muslime weltweit aufmerksam zu beobachten und zu ihrer Lösung beizutragen.
Der Schutz von und die Hilfe für Menschen in Not kann aus islamischer Sicht nur gemeinschaftlich erfüllt werden. Weltweit unterstützt die IGMG deshalb in Zusammenarbeit mit staatlichen Institutionen und zivilgesellschaftlichen Organisationen den Kampf gegen Ungerechtigkeiten. Sie setzt sich für Lösungen wirtschaftlicher, politischer und sozialer Probleme ein, um elementare Tugenden wie das Gute und die Solidarität zwischen den Menschen zu fördern. Im Einklang mit den Worten des Propheten „Wetteifert im Guten und in der Gottgefälligkeit“ oder „Erleichtert, erschwert nicht“, tritt die IGMG für universelle Werte und gegenseitige Solidarität ein. Im Islam gibt es individuelle Gebote und jene, die nur gemeinschaftlich erfüllt werden können; vor allem in gesellschaftlichen Angelegenheiten ist gemeinsames Engagement notwendig. Und oftmals bedarf es für den Schutz der Armen und Bedürftigen einer Auseinandersetzung mit manifesten Mechanismen, die das Gute verhindern und das Schlechte fördern. Sich dem entgegenzusetzen ist Ansporn für Hunderttausende Muslime in ganz Europa, sich als Gemeinschaft unter dem Dach der IGMG zusammenzuschließen.
Was bedeutet Millî Görüş
Der islamischen Lehre zufolge stammt die Menschheit von dem ersten Menschen und Propheten Adam ab. Seitdem betraute Allah zahllose Propheten mit der Verkündung seiner Botschaft als Richtschnur und Rechtleitung für alle Menschen. Einer dieser Propheten war Abraham, der als Begründer des Monotheismus gilt. Der Name der IGMG steht in direkter Beziehung zum Propheten Abraham. Denn an vielen
Stellen im Koran ist im Zusammenhang mit der Wiederbelebung des Monotheismus durch den Islam auch von Muslimen als der „Milla“ (Gemeinschaft) Abrahams die Rede. So etwa unter anderem in den Suren Nahl, Vers 123, Âli Imrân, Vers 95 und Nisâ, Vers 125.
Demnach beschreibt „Millî Görüş“ („görüş“ türkisch für „Sichtweise“) eine Gemeinschaft, die ihre Sichtweise und ihren Glauben auf die Gemeinschaft Abrahams zurückführt und dem Weg des Propheten Muhammad folgt. Ihr Ziel ist es, dieser Perspektive und dem Selbstverständnis einer islamischen Gemeinschaft gerecht zu werden, und sich für das Wohlergehen der Menschen einzusetzen.
Historische Entwicklung
Ab den 1960er Jahren emigrierten Millionen Muslime aus der Türkei und anderen Ländern nach Europa, um in Deutschland und anderen Staaten Europas zu arbeiten. Mit Beginn des Familiennachzuges und der dauerhaften Sesshaftwerdung der sogenannten Gastarbeiter ab den 70er Jahren fanden sich erste kleine Gemeinden zusammen und eröffneten eigene Gebetsräume. Diese Gemeinschaften vernetzten sich schon bald zu Föderationen auf regionaler Ebene. Allerdings fehlte ein zentraler Dachverband, der insbesondere Aufgaben wie den Bau von Moscheen, die Organisation der Pilgerfahrten und die Anwerbung und Ausbildung von Imamen hätte übernehmen können.
Ende der 70er Jahre fand die europaweite Vernetzung der Arbeit statt. In den 80er Jahren entwickelten sich feste Strukturen, was zur Gründnung der AMGT als Vorläufer der heutigen IGMG führte. Dank einer ständig wachsenden Zahl von Regionalverbänden und Zweigstellen entwickelte sich die IGMG in den Folgejahren zu einer der größten zivilgesellschaftlichen Organisationen Europas. Heute ist die IGMG eine Gemeinschaft, die der umfassenden Religionsverwirklichung dient und mit ihrer Frauen-, Jugend-, Studierenden- und Frauenjugendorganisation knapp 2500 Zweigstellen unterhält. Sie ist eine fest etablierte Organisation, die ihre Arbeit in vielen Ländern Europas, sowie in den USA, in Australien, Japan, Kanada und Kirgisistan durchführt. Mit ihren 40 Regionalverbänden, 20.000 Mitwirkenden und rund 170.000 Mitgliedern, führt die IGMG ihre Dienstleistungen für Hunderttausende Menschen ohne Unterbrechung fort.
Struktur des Zentralverbands
Das vom Vorsitzenden geleitete Präsidium ist neben dem vertretungsberechtigten Vorstand das höchste Entscheidungs- und Führungsgremium der IGMG. Es besteht aus den Leitern der acht Abteilungen Generalsekretariat, Gemeindeentwicklung, Finanzen, Irschad, Bildung, Frauen,
Jugend und Frauenjugend sowie den Beratern des Vorsitzenden. Verantwortlich für die Umsetzung der im Präsidium getroffenen Beschlüsse
ist der Zentrale Ausführungsausschuss. Er setzt sich zusammen aus den im Präsidium vertretenen Abteilungsleitern, den stellvertretenden
Abteilungsleitern des Generalsekretariats, der Irschadabteilung, der Bildungsabteilung und der Abteilung für Gemeindeentwicklung. Weiterhin sind im Zentralen Ausführungsausschuss die Leiter der Abteilungen für Soziale Dienste, für Hadsch- und Umra-Reisen, der Leiter der Aufsichtskommission, die Leiter der Buchhaltung, der Personal- und technischen Verwaltungsabteilung sowie der Studentenabteilung vertreten.
Jede IGMG-Abteilung hat unterschiedliche Arbeitsfelder und Zielgruppen, nach denen sie ihre Dienste in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Unterabteilungen ausrichtet.

Organisationsstruktur
Die Tätigkeiten der IGMG werden je nach Bedarf von den Zweigstellen, Regionalverbänden oder dem Zentralverband in Form eines arbeitsteiligen Zusammenwirkens durchgeführt. Die Moscheegemeinde stellt die kleinste funktionale Einheit dar. Hier werden unter anderem die täglichen Gebete verrichtet und religiöser Unterricht erteilt. Aufgrund der räumlichen Nähe zu den Mitgliedern können hier zudem bedarfsgerechte Angebote für die Zielgruppen der Frauen-, Jugend- und Frauenjugendorganisation in den Bereichen Bildungs- und Sozialarbeit unterbreitet werden.
IGMG-Moscheen sind in Deutschland sowie in Frankreich, in der Schweiz, Italien, Österreich, Norwegen, Schweden, Dänemark, den Niederlanden, Belgien und England sowie in Kanada und Australien aktiv. Moscheegemeinden und weitere Zweigstellen arbeiten mit den jeweiligen Abteilungen in den 35 Regional- und Landesverbänden zusammen. Mit insgesamt 15 Regionalverbänden ist die IGMG in Deutschland vertreten.
Als Bindeglied zwischen Zentrale und Zweigstelle koordinieren die Regionalverbände die Tätigkeiten der Zweigstellen. Die Regionalverbände begleiten die lokalen und regionalen Tätigkeiten, stellen einen Arbeitsplan auf und handeln gemäß den von der Zentrale bereitgestelllten Strategien für die Umsetzung grundlegender Ziele.
Der Zentralverband plant und kontrolliert die vielfältigen Aktivitäten der IGMG, damit diese flächendeckend in allen Zweigstellen angeboten werden können und zudem ein einheitlicher Standard gewährleistet werden kann. Aktivitäten wie Pilgerreisen, das Zakat- und Spendenwesen, das Opfern (Kurban) und die Erstellung des Gebetskalenders, die von den Zweigstellen oder Regionalverbänden nicht selbstständig durchgeführt werden können, übernimmt die Zentrale. Der Verantwortung des Zentralverbandes unterliegen weiterhin die Ausbildung und Bereitstellung von Imamen, der Bestattungsdienst und der Buchklub. Letzterer bietet vor allem Literatur zu religiösen, kulturellen und gesellschaftlichen Themen an.
Die IGMG unterhält 518 Moscheen, davon 323 in Deutschland. Daneben gehören Frauen-, Jugend-, Schüler-, Bildungs-, Kultur- und Sportvereine zum Netzwerk der Organisation. Insgesamt bietet die IGMG ihre Dienstleistungen in 2.330 Zweigstellen an für ihre 127.000 Mitglieder. Einschließlich der Teilnehmer an den wöchentlichen Freitagsgebeten erreicht die IGMG etwa 350.000 Personen.